Samstag, 23. Februar 2013

Paris


Im Jahr 1994 wollte ich meine erste Auslandsreise ohne meine Eltern unternehmen. Das Ziel stand eigentlich schon lange fest: Paris. Diese Stadt erschien mir damals als die schönste und spannendste Stadt Europas. Aber es war nicht einfach Paris. Ich wollte das Centre Pompidou besuchen. Darauf aufmerksam geworden wahrscheinlich durch die Berichterstattung rund um den Wettbewerb zur Bebauung des Potsdamer-Platz-Areals, erschien mir das Centre Pompidou damals als der Inbegriff von Kultur.
 

(Foto eines in der Galerie Aedes am Savignyplatz in den 90er Jahren ausgestellten nicht realisierten Modells für das Centre Pompidou)

Im Januar 1994 war es dann endlich soweit. Ursprünglich als Reise zusammen mit einem Freund, den ich bei der Arbeit im Museum kennengelernt hatte geplant, trat ich die Reise schließlich alleine an, als der Freund kurzfristig absagte. Und nach einer anstrengenden Fahrt mit dem Nachtzug erreichte ich vormittags, ohne bis dahin zu wissen, wo ich übernachten sollte, die Stadt.  Nachdem in einer Jugendherberge unweit des Rathauses ein Bett organisiert war, begannen meine (bis heute einzigen) drei Tage in Paris. Auf dem Plan standen ein Spaziergang mit abendlichem Besuch des Centre Pompidou und darin des Musée National d‘Art Moderne, am zweiten Tag ein Besuch des Picasso-Museums und am dritten des Arc de Triomphe, der Champs-Élysées und Sacré-Coeur.

Unvergesslich bis heute ist mir der Besuch des Musée National d’Art Moderne in den Abendstunden, in denen dort länger geöffnet war als in den Berliner Museen, die entspannte Atmosphäre, die sehr schick gekleideten Aufsichtskräfte, eine deutsche Schulklasse, die, Erklärungen erhaltend, sich vor einem riesigen Bild von Kandinsky niedergelassen hatte.

Der zweite Tag brachte dann mit dem Picasso-Museum mein bis heute vielleicht intensivstes Museumserlebnis, bei dem ich den ganzen Tag in der Ausstellung verbrachte. Nach dem Besuch hatte ich mir eingebildet, mich anders zu fühlen oder mich verändert zu haben.

Eigentlich waren damit die wesentlichen Punkte der Reisewunschliste erfüllt, den dritten Tag hatte ich für Sightseeing offen gelassen. Aber schließlich sollte dann ein ungeplantes Erlebnis dieses dritten Tages für mich zum eigentlichen Erlebnis von Paris werden. Nach einem morgendlichen Besuch am Arc de Triomphe und einem kurzen Spaziergang über die Champs-Élysées bei eisigen Temperaturen wollte ich mit der Métro in Richtung Montmartre fahren. Für einen Sonntagvormittag war der Zug dann jedoch erstaunlich voll. An einem Punkt stiegen die meisten Leute aus. Um zu sehen, was der Grund dafür ist, stieg ich mit aus – und befand mich plötzlich auf der Straße in einer Riesendemonstration, die sich offenbar gerade in Gang setzte. Es waren dabei sehr viele junge Menschen. Aus Interesse reihte ich mich in die Demonstration ein, auch weil ich dachte, dass dies ebenfalls eine interessante Art des Sightseeings sein könnte. Was dann begann, war aber mit Demonstrationen, die ich in Berlin kennengelernt hatte, nicht zu vergleichen. Dies war keine Demonstration sondern eine 'Manifestation'. Schon nach wenigen Minuten kam ein älterer Herr auf mich zu, fragte mich, ob ich mitdemonstrieren würde und holte mir eine Anstecknadel. Die Demonstranten setzten sich in Blöcken in Bewegung. Was mir neu war, waren Tänze und Zwischenspurts, die plötzlich eingelegt wurden, die ich erst nicht mitmachen wollte, aber dann dazu gezwungen war, da einen der folgende Block ansonsten überrannt hätte. Unvergesslich auch Schüler, die auf der gesamten Breite des Straßenzuges begannen, die Nationalhymne zu singen. Kein Vergleich mit der Passivität der Teilnehmenden, die ich in Berlin erlebt hatte. Es war eine Demonstration für die öffentlichen Schulen und für die Demokratie mit nach Angaben von Libération über 600.000 Teilnehmern. In Berlin führen solche Demonstrationen heute über Straßen mit Namen wie Kurfürstendamm, Unter den Linden, Potsdamer Platz. Hier bewegte sich die Menge der Menschen über die Place de la République, den Boulevard Voltaire zur Place de la Nation. Vielleicht gab es keine bessere Möglichkeit, als Paris und Frankreich auf einer solchen „Manifestation“ kennenzulernen.
 
 
 
(Libération vom 17.01.1994)
 
 
 
 
 
 
 
 
(ein damals am Rande verteiltes Flugblatt)
 

Donnerstag, 21. Februar 2013

Im Museum - Ergänzung

Bezüglich Äußerungen, die angeblich mir zugeschrieben wurden, habe ich folgendes zu sagen:

Vor etwa 2 Jahren führte ich mit einem Studienfreund eine kurze Unterhaltung über meine Tätigkeit im Museum. In diesem Gespräch erzählte ich ihm auch von meinem bisher größten Ausstellungserlebnis, „Das MoMA in Berlin“. Besonders motivierend für die Arbeit in dieser Ausstellung war ein von der Geschäftsführung eingeführtes Bonussystem, das beim Erreichen von bestimmten Umsätzen und/oder einer bestimmten Nutzungshäufigkeit von Führungen im Verhältnis zur Besucherzahl Bonuszahlungen vorsah. Z.B. zusätzlichen Lohn für 4,5 h bei einer vollen Tagesschicht, wenn ein bestimmter Umsatz erreicht wurde. Dies führte über die gesamte Dauer der Ausstellung zu (für meine Verhältnisse) hohen Bonuszahlungen und dazu, dass die Geschäftsführung aufgrund des Besucheraufkommens die Bonusvereinbarung nach zwei Monaten noch einmal überarbeiten musste. Dieses habe ich meinem Studienfreund während eines Gesprächs berichtet, wie auch, dass ich während der Zeit meiner damaligen Beschäftigung im Museum weder Miete zahlen noch Lebensmittel für mich kaufen musste (da ich bei meinen Eltern wohnte), was mir ermöglichte, zu sparen. Die Zahlen, die ich meinem Studienfreund dabei nannte, waren jedoch übertrieben.



Bezüglich meines Einkommens im Jahr 2004 wäre noch folgendes zu sagen: Neben meinem Museumsgehalt hatte ich weitere zusätzliche Einnahmen aus Verkäufen von Souvenirs gemeinsam mit einem Freund. Darüber hinaus konnte man sich im Zusammenhang mit der Sonderausstellung auf unterschiedliche Weisen regelmäßig Geld dazu verdienen, worüber ich ebenfalls mit meinem Studienfreund sprach, etwa durch Begleitung Schwerbehinderter in die Ausstellung oder dadurch, dass man den Besuchern (als Platzhalter) das Warten abnahm oder vereinzelt durch Weiterveräußerung von selbsterworbenen gültigen Tickets außerhalb des Ausstellungsbereiches.