Freitag, 20. September 2013

Humanitäre Intervention II


In der Ausgabe der Zeitschrift „Das Parlament“ vom 9. September 2013 findet sich in der Beilage „Aus Politik und Zeitgeschichte“ ein Beitrag von Peter Rudolf zum Thema „Schutzverantwortung und humanitäre Intervention“.

Der Autor weist darauf hin, dass das Konzept der Schutzverantwortung, demzufolge die internationale Gemeinschaft eine moralisch subsidiäre Verantwortung trägt, massenhafte Menschenrechtsverletzungen notfalls auch mit militärischer Gewalt zu verhindern, wenn die Regierung des betreffenden Landes ihrer Schutzverantwortung gegenüber den eigenen Bürgern nicht gerecht wird, die ethische Diskussion in Bezug auf humanitäre Interventionen verändert habe: Während früher ein militärisches Eingreifen als begründungspflichtig erschienen sei, gelte dies nun für den Verzicht auf eine Intervention. Tendenziell führe dies dem Autor zufolge dazu, dass die moralischen Widersprüchlichkeiten solcher Auseinandersetzungen nicht ausreichend zur Kenntnis genommen würden. Es sei jedoch erforderlich, eine „politisch-ethische Bewertung“ vorzunehmen, um „dem komplexen Problem eines menschenrechtlich begründeten Einsatzes militärischer Gewalt gerecht“ zu werden1.

Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass Proportionalität und Erfolgsaussichten militärischen Eingreifens aus humanitären Gründen mit hohen Unsicherheiten verbunden sind und daher aus pragmatischen wie aus moralischen Gründen „Schwellenkriterien für eine mit dem Prinzip der Schutzverantwortung begründete Militärintervention sehr hoch anzusetzen“ seien. Eine Intervention ist dem Autor zufolge nur dann gerechtfertigt, „wenn (1) in massiver koordinierter Form eine große Zahl von Zivilisten in kurzer Zeit getötet werden; (2) militärisch die Rettung einer beträchtlichen Zahl von Menschen unter niedrigen Verlusten für die eingreifenden Staaten möglich ist; (3) die Aussicht besteht, dauerhafte Sicherheit ohne eine langfristige militärische Präsenz und ein kostspieliges, aber selten erfolgreiches nation building schaffen zu können“2.

In Bezug auf den Konflikt in Syrien sind nach meiner Ansicht die Kriterien (2) und (3) nach allem, was man aus den Medien erfahren kann, nicht erfüllt.  Ein militärisches Eingreifen ist demzufolge auch nach diesen Kriterien nach meiner Ansicht nicht gerechtfertigt.
 
 
(1)    Vgl. Rudolf, Peter: Schutzverantwortung und humanitäre Intervention. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 37 (2013), S.12
(2)    Vgl. Rudolf, Peter: Schutzverantwortung und humanitäre Intervention. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 37 (2013), S.17




Ergänzend dazu noch einmal meine Argumentation:

a) Im Falle von überwiegender Unsicherheit in Bezug auf die Folgen (Zweck-/Zielerreichung und Angemessenheit) einer militärischen Intervention sehe ich eine derartige Intervention als nicht gerechtfertigt an.

b) Im Falle von Syrien sehe ich die Vorhersehbarkeit der Folgen eines militärischen Eingreifens als nicht gegeben an und mithin eine überwiegende Unsicherheit in Bezug auf diese Folgen.

c) Ein militärisches Eingreifen aus humanitären Gründen in Syrien ist daher nach meiner Ansicht nicht gerechtfertigt.